Ich möchte sagen,

daß ich immer noch im und vom Sonnenschein meiner Kindheit lebe.

Christian Morgenstern (1871 - 1914)


 

 Die Sonne ging unter. Welch ein Schauspiel:

Auf dem Meere ruhend und darin eintauchend,

entzündete sie dasselbe samt der Luft des Horizontes,

und die beiden geschiedenen Elemente schienen sich vereinigt zu haben

in das des Feuers.

Ist die See schön, wenn die Morgen- oder Mittagsonne sie beleuchtet,

so ist sie es noch unendliche Male mehr beim Untergange.

Die Wellen haben ihr sanftes Grünlichblau abgelegt und spielen,

von der Sonne schräg beleuchtet,

in allen Farben des Regenbogens.

Blau und rot und grün und golden schwamm es um uns her, und ich dachte mir,

im Feenlande zu sein, bis die Sonne hinabgegangen war,

und die Herrlichkeit des Tages unterging in ein düsteres Grau.

Franz Grillparzer  (1791 - 1872)

Rote Gluten

Die Sonne taucht in rote Gluten
Und goldenes Leuchten Wald und Feld,
Dein Haupt ruht eng an meiner Schulter,
Mein Arm dich fest umschlungen hält.

Es brechen lauter goldene Lichter
Und rote Flammen aus dem Wald,
Du schaust hinein mit großen Augen
Und suchst an meinem Herzen Halt.

Die letzten Gluten sind verglommen,
Vorüber ist die Abendpracht,
Es kündete das Flammen und Glühen
Uns eine goldene Sonnennacht.

Hermann Löns (1866 – 1914)

 

Gefühl und Vernunft sind die Sonne und der Mond am moralischen Firmament.
Immer nur in der heißen Sonne würden wir verbrennen ,
immer nur im kühlen Mond würden wir erstarren.

Friedrich Maximilian Klinger 1752-1831



Es ist unmöglich, dass ein Mensch in die Sonne schaut,
ohne dass sein Angesicht dabei erleuchtet wird.

Friedrich von Bodelschwingh  1831-1910

Hab Sonne im Herzen...

Hab Sonne im Herzen,
ob’s stürmt oder schneit,
ob der Himmel voll Wolken,
die Erde voll Streit ...
hab Sonne im Herzen,
dann komme was mag:
das leuchtet voll Licht dir
den dunkelsten Tag!

Hab ein Lied auf den Lippen
mit fröhlichem Klang,
und macht auch des Alltags
Gedränge dich bang ...
hab ein Lied auf den Lippen,
dann komme was mag:
das hilft dir verwinden
den einsamsten Tag!

Hab ein Wort auch für andre
in Sorg und in Pein
und sag, was dich selber
so frohgemut lässt sein:
Hab ein Lied auf den Lippen,
verlier nie den Mut,
hab Sonne im Herzen,
und alles wird gut!

Cäsar Flaischlen (1864-1920)

Goldene Sonnen

Lauter kleine goldene Sonnen
Leuchten aus dem Rasengrün,
Lauter große goldene Träume
Stolz in meiner Seee blühn.

Jeder Baum ist voller Blüten,
Jeder Vogel jubelt laut,
Jeder Halm und jede Rispe
Ist mit Tropfen schwer betaut.

Und ich gehe, dein gedenkend,
Durch das taubeperlte Ried,
In den Augen feuchtes Glänzen,
In der Brust ein Frühlingslied.

Hermann Löns  1866-1914

An die Sonne

O jugendliche Sonne,

Du bräutlich Himmelslicht,

Du bleibe meine Wonne,

Dir bleibe mein Gedicht!

So lang die Flammentriebe

In mir noch ungestillt,

Des Geistes und der Liebe

Bleibst du das schönste Bild.

 

Ludwig Eichrodt  1827-1892

Entschluß

Und bist du mir auch nicht beschert,
Dein Anschaun sei mir nicht verwehrt.
Ich will's genießen still entsagend,
Kein irdisches Gelüste tragend.

Es sprach zur Sonne einst der Schnee:
»Frau Sonne, laß mich, tust mir weh!«
Sie ging. Doch er ward grau und trübe,
Als fehlte ihm der Strahl der Liebe.

Da rief die Sonne er zurück,
Sie wärmte ihn mit Feuerblick,
Bis daß sein schimmernd Weiß ergraute.
Sie glänzte fort; doch er zertaute.

Du bist die liebe Sonne mir,
Und Wollust ist ein Blick von dir;
Und mag er auch mein Herz verzehren,
Doch will ich nimmer sein entbehren.

 Felix Schumann (1854 - 1879)

In der abendlichen Sonne

In der abendlichen Sonne
sitzen wir gebeugten Rückens
auf den Bänken in dem Grünen.
Unsere Arme hängen nieder,
unsere Augen blinzeln traurig.

Und die Menschen gehn in Kleidern
schwankend auf dem Kies spazieren
unter diesem großen Himmel,
der von Hügeln in der Ferne
sich zu fernen Hügeln breitet.

Franz Kafka (1883 - 1924)

Märzsonne

Nun wandr' ich über Berg und Tal,
Die Welt steht blühend offen,
Mich hat mit erstem Sonnenstrahl
Der Lenz ins Herz getroffen.

Ich hör' das kleine freche Herz
Im dunkeln Brustkorb lachen;
Es weiß, es wird im grünen März
Eine selige Dummheit machen ...

Rudolf Presber  1868-1935

Schöne Junitage

Mitternacht, die Gärten lauschen,
Flüsterwort und Liebeskuss,
Bis der letzte Klang verklungen,
Weil nun alles schlafen muss -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Sonnengrüner Rosengarten,
Sonnenweiße Stromesflut,
Sonnenstiller Morgenfriede,
Der auf Baum und Beeten ruht -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Straßentreiben, fern, verworren,
Reicher Mann und Bettelkind,
Myrtenkränze, Leichenzüge,
Tausendfältig Leben rinnt -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Langsam graut der Abend nieder,
Milde wird die harte Welt,
Und das Herz macht seinen Frieden,
Und zum Kinde wird der Held -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Detlev von Liliencron  1844-1909

An die Sonne

Sonne, alle Menschenzungen
Loben deine gold’nen Strahlen!
Bäche, wo sich Nymphen baden;
Täler, wo sich Hirt und Heerde
Deinem Licht entgegen lagern;
Berge, wo, von dir erwärmet,
Eis und Schnee in Täler rinnen;
Klippen, wo an kalten Gipfeln
Ziegen hangen, Gemsen klettern;
Fluren, wo Narzissen blühen,
Wo dein Strahl Violen wärmet,
Danken dir für deine Strahlen:
Aber ich kann dir nicht danken,
Denn du strahltest gar zu helle,
Als mich in der Sommerlaube
Keine Mutter sehen sollte.

Johann Wilhelm Ludwig Gleim  1719-1803


 

 

 



**********************************************
Alle Grafiken sind urheberrechtlich geschützt !
All graphics are protected by copyright !