Der Mensch ist der Bildner der Verhältnisse.
Der Charakter ist es,
der aus den Verhältnissen eine Existenz schafft.
An dieser bildenden Kraft wird unsere Stärke gemessen.
Aus dem selben Material baut der eine Paläste,
der andere Hütten,
der eine Speicher,
der andere Landhäuser,
 und der Granitblock, der für den Schwachen ein Hemmnis ist auf seinen Pfade,
 ist für den Starken eine Stufe, die ihn höher fördert. 

George Henry Lewes (1817 - 1878)

Ich will vor Gott lieber schwach sein als stark,

denn die Starken nimmt er an der Hand,

die Schwachen aber nimmt er in seine Arme.

Niemals verläßt uns Gott,

es sei denn, um uns um so sicherer zu halten.

Niemals läßt er uns los,

außer um uns besser zu behüten.

Niemals kämpft er mit uns,

außer um sich uns zu ergeben und uns zu segnen.

Franz von Sales  1567-1622

Wenn ich dereinst ganz alt und schwach,
Und ’s ist mal ein milder Sommertag,
So hink ich wohl aus dem kleinen Haus
Bis unter den Lindenbaum hinaus.
Da setz ich mich denn im Sonnenschein
Einsam und still auf die Bank von Stein,
Denk an vergangene Zeiten zurücke
Und schreibe mit meiner alten Krücke
 Und mit der alten zitternden Hand.

Wilhelm Busch  1832-1908

Es kam ein Lump mir in die Quer 
Und hielt den alten Felbel her. 
Obschon er noch gesund und stark, 
Warf ich ihm dennoch eine Mark 
Recht freundlich in den Hut hinein. 
Der Kerl schien Philosoph zu sein. 

Er sprach mit ernstem Bocksgesicht: 
Mein Herr, Sie sehn, ich danke nicht. 
Das Danken bin ich nicht gewohnt. 
Ich nehme an, Sie sind gescheit 
Und fühlen sich genug belohnt 
Durch Ihre Eitelkeit. 

Wilhelm Busch 1832-1908

Einen Menschen wissen, 
der dich ganz versteht, 
der in Bitternissen 
immer zu dir steht, 
der auch deine Schwächen liebt 
weil du bist sein; 
dann mag alles brechen 
du bist nie allein. 

 Marie von Ebner-Eschenbach  1830-1916

Trennung 

Was wir gelitten und erduldet 
Durch meine Fehler, deine Schwächen, 
Was du geirrt, was ich verschuldet - 
Wir wollen nicht darüber sprechen. 

Wer an dem Zwiespalt unsrer Tage - 
Zu lösen nicht und nicht zu schlichten, - 
Die größ're Schuld, die klein're trage, 
Wir wollen nicht darüber richten. 

Ich weiß nur Eins! nur Eines fühle 
Im Herzen ich, dem trauervollen: 
Wir hätten in dem Weltgewühle 
Uns nun und nimmer finden sollen. 

Und da wir dennoch uns gefunden, 
So lass uns zürnen nicht und klagen 
Ob all den Schmerzen und den Wunden, 
Die Eins dem Andern wir geschlagen. 

Nicht böser Wille ist's gewesen, 
Der uns gebracht so herbe Leiden; 
Uns trennet unser tiefstes Wesen, 
Der Gott im Innern heißt uns scheiden. 

Ein Frevel war, was einst wir schwuren 
Und Torheit unser Kämpfen, Weinen! 
Sich widerstrebende Naturen 
Die kann die Liebe nicht vereinen. 

Je heißer, sehnender sie ringen 
Nach sel'gen Einklangs sanften Frieden, 
So tiefer wird es sie durchdringen, 
Durch welche Klüfte sie geschieden. - 

Und so ist es auch uns ergangen, 
Gott weiß allein, mit welchen Qualen 
Mit wie verzweiflungsvollem Bangen 
Wir für den Irrtum mussten zahlen. 

Jetzt ist der Klarheit Tag erschienen - 
Lass uns ihn ohne Groll begrüßen 
Und, klaglos, auf des Glücks Ruinen 
Für Schuld, die nicht die unsre, büßen. 

 Betty Paoli (1814-1894) 

Neues Leben 

Fass' es, Mensch, und wirf zusammen 
Alles nun in einen Brand, 
Was zur Schwäche mag verdammen, 
Was mit Feigheit dich umwand. 
Soll dich etwas so bedrohen, 
Daß es willenlos dich beugt? 
Gib's dem Feuer! Laß es lohen! 
Sei der Geist, der selbst sich zeugt! 

Deine Flamme sei die Stunde, 
Deine Wiege der Moment – 
Sei mit jener Macht im Bunde, 
Die kein Recht von gestern kennt. 
Wisse, Schuld wird ungeheuer, 
Die ihr Konto nie zerreißt – 
Laß es lohen! Gib's dem Feuer! 
Sei der Zeuger, sei der Geist! 

 Karl Henckell 1864-1929

Sei stark! 

Es sprach mein Herz, 
Es sang mein Herz: 
Sei stark und fröhlich auf der Welt! 
Was dir mißglückt, 
Was dich bedrückt, 
Wirf hinter dich aufs Totenfeld! 

An Mute klein 
Kann jeder sein, 
Was ist denn da Besondres dran? 
Das Leben ist 
Voll Kampf und List – 
Weh dem, der's nicht vertragen kann! 

Ein armer Wicht, 
Wer gleich verzicht 
Und senkt sein Fähnlein in den Staub! 
Du denk und dicht 
Ins Morgenlicht 
Und weißt du nicht wie's geht, so glaub! 

Schwarzsehern traun, 
Heißt Särge baun, 
Sollst dorthin schaun, wo winkt ein Held. 
Es sprach mein Herz, 
Es sang mein Herz: 
Sei stark und fröhlich trotz der Welt! 

 Karl Henckell  1864 - 1929 

Es ist betrübt, man könnte drüber weinen, 
Ein Merkmal unsrer Schwäch' und Sündlichkeit, 
Daß Lieb' und Ehe selten sich vereinen, 
Da ein Gestirn doch beiden Dasein leiht. 
Wie saurer Essig wird aus süßen Weinen, 
So Eh' aus Liebe, und es schärft die Zeit 
Den duft'gen Trank voll himmlischer Gerüche 
Zu einem niedrigen Gewürz der Küche. 

Sir Francis von Verulam Bacon (1561 - 1626) 


 

Zu Weihnachten

Weihnachtsfest ist wiederkommen,
Wo so oft beim Orgelklang
Ich mit ihr bei andren Frommen
Sonst aus Einem Buche sang.

Glaubet nicht, daß sie gestorben,
Auch nicht, daß mein Paradies
Zeit und Welt mir hat verdorben,
Als mich jedes Glück verließ.

Weihnachtsbaum und helle Kerzen
Und darunter ich und sie;
Dieses Bild in meinem Herzen,
Das vergeht, verlöschet nie !

Julius Mosen



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