Frühlingslied
Mit geheimnisvollen Düften
Grüßt vom Hang der Wald mich schon,
Über mir in hohen Lüften
Schwebt der erste Lerchenton.
In den süßen Laut versunken
Wall' ich hin durchs Saatgefild,
Das noch halb vom Schlummer trunken
Sanft dem Licht entgegenschwillt.
Welch ein Sehnen! welch ein Träumen!
Ach, du möchtest vorm Verglühn
Mit den Blumen, mit den Bäumen,
Altes Herz, noch einmal blühn.
Emanuel Geibel (1815-1884)
Frühlings Ankunft
Grüner Schimmer spielet wieder
Drüben über Wies' und Feld.
Frohe Hoffnung senkt sich nieder
Auf die stumme trübe Welt.
Ja, nach langen Winterleiden
Kehrt der Frühling uns zurück,
Will die Welt in Freude kleiden,
Will uns bringen neues Glück.
Seht, ein Schmetterling als Bote
Zieht einher in Frühlingstracht,
Meldet uns, dass alles Tote
Nun zum Leben auferwacht.
Nur die Veilchen schüchtern wagen
Aufzuschau'n zum Sonnenschein;
Ist es doch, als ob sie fragen:
»Sollt' es denn schon Frühling sein?«
Seht, wie sich die Lerchen schwingen
In das blaue Himmelszelt!
Wie sie schwirren, wie sie singen
Über uns herab ins Feld!
Alles Leid entflieht auf Erden
Vor des Frühlings Freud' und Lust -
Nun, so soll's auch Frühling werden,
Frühling auch in unsrer Brust!
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, (1798 - 1874)
Maler Frühling
Der Frühling ist ein Maler,
er malet alles an,
die Berge mit den Wäldern,
die Täler mit den Feldern:
Was der doch malen kann!
Auch meine lieben Blumen
schmückt er mit Farbenpracht:
Wie sie so herrlich strahlen!
So schön kann keiner malen,
so schön, wie er es macht.
O könnt ich doch so malen,
ich malt ihm einen Strauß
und spräch in frohem Mute
für alles Lieb und Gute
so meinen Dank ihm aus!
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)
Frühlingsbotschaft
Kuckuck, Kuckuck ruft aus dem Wald:
Lasset uns singen,
Tanzen und springen!
Frühling, Frühling wird es nun bald.
Kuckuck, Kuckuck lässt nicht sein Schrei'n:
Kommt in die Felder,
Wiesen und Wälder!
Frühling, Frühling, stelle dich ein!
Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held!
Was du gesungen,
Ist dir gelungen:
Winter, Winter räumet das Feld.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)
Zauberer Frühling
Zaub'rer Frühling kommt in Lüften,
In der goldnen Strahlen Tracht,
Malt in Farben, haucht in Düften,
Schmückt die Flur in luft'ger Pracht.
Sieh, wie lohen, sieh, wie flammen
Hier die Grunde, dort die Flur,
In ein einzig Grün zusammen
Blüht erwachend die Natur.
Maienglöckchens Brautgelaute
Steht in seinem reichen Sold,
Wonnereigen füllt die weite
Flur im Grün und Sonnengold.
Kleine Sänger, die Gespielen
An der Rose holdem Thron,
Schlagen an mit seel'gem Fühlen
Neue Lust im Liebeston.
Bunte Schmetterlinge schweben
Wie in einer Wunderwelt,
Blumen sich beflügelt heben
Von der Luft emporgeschnellt.
Im melod'schen Zuge wallen
Goldne Bienen durch die Luft,
Silberweiße Flöckchen fallen
Leicht in's Grün wie Nebelduft.
Aus der Sonne goldnen Strahlen
Webt der Zaub'rer Frühling Licht,
Falter, Lüfte, Blümchen malen
Frühlingsgöttlich Traumgesicht.
Helene Branco 1816-1894
Einzugsberechtigt
Naht sich, ermächtigt
Von der Behörde,
Der Lenz der Erde.
Bei günstigem Wetter
Erscheinen Blätter,
Um das zu lohen,
Was kommt von oben.
Geprüfte Lerchen,
Gefolgt von Störchen
Mit Meldescheinen
Ziehn an auf Rainen.
Von Veilchendüften
Erfüllt sind Triften;
Was zur Vergnügung
Dient — laut Verfügung.
Grün färbt der Wald sich,
Wos Volk alsbald sich
Der Vöglein gattet,
Nachdems gestattet.
Die Frösche laichen
In Kalmusteichen
Gehobnen Hauptes —
Der Staat erlaubt es.
Vermerkt in Listen
Durch Polizisten
Lässt sich auf Flieder
Der Käfer nieder.
Um zu erfüllen
Des Landraths Willen
Muss Hafer spriessen
Und Spargel schiessen.
Für Frühlingsgaben,
Umsonst zu haben,
Dankt der Regierung
Durch gute Führung.
Johannes Trojan (1837 – 1915)
Frühling
Hoch oben von dem Eichenast
Eine bunte Meise läutet
Ein frohes Lied, ein helles Lied,
Ich weiß auch, was es bedeutet.
Es schmilzt der Schnee, es kommt das Gras,
Die Blumen werden blühen,
Es wird die ganze weite Welt
In Frühlingsfarben glühen.
Die Meise läutet den Frühling ein,
Ich hab es schon lange vernommen,
Er ist zu mir bei Eis und Schnee
Mit Singen und Klingen gekommen.
Hermann Löns, (1866 - 1914)
Frühlingsglaube
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Ludwig Uhland (1787-1862 )
An den Frühling
Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
Ei! ei! da bist ja wieder!
Und bist so lieb und schön!
Und freun wir uns so herzlich,
Entgegen dir zu gehn.
Schiller 1759-1802
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