Blauer Sommer

Ein blauer Sommer, glanz- und glutenschwer
Geht über Wiesen, Felder, Gärten her.
Die Sonnenkrone glüht auf seinen Locken,
Sein warmer Atem läutet Blütenglocken.
Ein goldnes Band umzieht die blaue Stirne,
Schwer aus den Zweigen fällt die reife Birne,
Und Sens' und Sichel blitzt auf Flur und Feld,
Und rot von Rosen ist die ganze Welt.

Carl Busse  1872-1918

Sommernacht

Feierliches Schweigen
Deckt die müde Welt;
Goldne Sterne steigen
Auf am Himmelszelt.

Laue Winde weben
Himmelsträume mild;
Friedensengel schweben
Durch das Nachtgefild.

Über Ährenweiten,
Überm Wiesenrain
Seh` ich glänzend gleiten
Mond- und Sternenschein.

Auf dem regungslosen,
Mondbeglänzten Teich
Prangen Wasserrosen,
Lilienzart und bleich.

Und des Baches Wellen
Schlängeln sich durchs Tal,
Glänzend in dem hellen,
Vollen Mondenstrahl.

Ach, das goldne Schimmern
Dieser Zaubernacht
Macht, daß tief im Innern
Sehnsucht heiß erwacht!

Karl Friedrich Mezger  1880-1911

Einen Sommer lang

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken,
Einen Sommer lang.

Wenn wir uns von ferne sehen,
Zögert sie den Schritt,
Rupft ein Hälmchen sich im Gehen,
Nimmt ein Blättchen mit.

Hat mit Ähren sich das Mieder
Unschuldig geschmückt,
Sich den Hut verlegen nieder
In die Stirn gerückt.

Finster kommt sie langsam näher,
Färbt sich rot wie Mohn;
Doch ich bin ein feiner Späher,
Kenn die Schelmin schon.

Noch ein Blick in Weg und Weite,
Ruhig liegt die Welt,
Und es hat an ihre Seite
Mich der Sturm gesellt.

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken,
Einen Sommer lang.

Detlev von Liliencron (1844 - 1909)

Waldvögel

Ein wohlbestelltes Mieder,
Die Backen rot gesund,
Den Schnabel voller Lieder
Und vorn und hinten rund.

Zwei Augen glutend blaue
Und eine kleine Hand,
Wohl mir, waldwilde Fraue,
Daß ich dich einsten fand.

Es war im tiefen Walde
Und Sommer war die Zeit,
In einem Wipfel balde
Nesthockten wir zu zweit

Und niemand hat gesehen
Das sondre Vogelpaar,
Das hoch im Windewehen
Vor Glücke schwindlig war.

Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910)

Sei nicht dumm

Kurzen Sommer blüht die Blume,
Denn das Schöne währt nicht lang,
Schwach Gedächtnis bleibt vom Ruhme,
Jubel schwindet und Gesang.

Blumen welken, Mädchen altern,
Folgsam ewigem Gesetz,
Jugend bannt man nicht mit Psaltern,
Und die Dauer bleibt Geschwätz.

Deshalb wollen wir zur Neige
Schlürfen jeden Augenblick;
Blau der Himmel, grün die Zweige,
Sei nicht dumm und preis das Glück!

Ferdinand Sauter 1804 - 1854)

Auch das ist Kunst, ist Gottes Gabe,
aus ein paar sonnenhellen Tagen
sich soviel Licht ins Herz zu tragen,
daß, wenn der Sommer längst verweht,
das Leuchten immer noch besteht.

Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

Sommertraum

Golddurchflammte Ätherwogen,
Schwerer Äste grüne Bogen,
Süß verwob'ne Träumerei'n…
Sommer, deine warmen Farben,
Helle Blumen, gold'ne Garben
Leuchten mir ins Herz hinein…

In dem Wald, dem dämm'rig düstern,
Hörst du's rauschen, lispeln, flüstern,
Elfenmärchen – Duft und Schaum…?
Blumenkinder nicken leise,
Lauschen fromm der alten Weise
Von des Waldes Sommertraum…

Und der See, der windumfächelt
Lallend plätschert, sonnig lächelt,
Netzt das Schilf aus lauem Born…
Rosen blühen am Gelände,
Rosenglut, wo ich mich wende,
Und im Herzen tief ein Dorn…

Lisa Baumfeld (1877 - 1897)

Sommer

Sieh, wie sie leuchtet,
Wie sie üppig steht,
Die Rose -
Welch satter Duft zu dir hinüberweht!
Doch lose
Nur haftet ihre Pracht -
Streift deine Lust sie,
Hältst du über Nacht
Die welken Blätter in der heissen Hand ...

Sie hatte einst den jungen Mai gekannt
Und muss dem stillen Sommer nun gewähren -
Hörst du das Rauschen goldener Ähren?
Es geht der Sommer über's Land ...

Thekla Lingen  (1866 - 1931)

Schöne Junitage

Mitternacht, die Gärten lauschen,
Flüsterwort und Liebeskuss,
Bis der letzte Klang verklungen,
Weil nun alles schlafen muss -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Sonnengrüner Rosengarten,
Sonnenweiße Stromesflut,
Sonnenstiller Morgenfriede,
Der auf Baum und Beeten ruht -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Straßentreiben, fern, verworren,
Reicher Mann und Bettelkind,
Myrtenkränze, Leichenzüge,
Tausendfältig Leben rinnt -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Langsam graut der Abend nieder,
Milde wird die harte Welt,
Und das Herz macht seinen Frieden,
Und zum Kinde wird der Held -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Detlev von Liliencron  1844-1909

Heiraten in der Jugend heißt,

sich im Sommer einen Ofen kaufen.

Erst im Winter weiß man, ob er heizt oder raucht.

Jean Paul  (1763 - 1825)

Lustig ist das Bienenleben

Lustig ist das Bienenleben!
Lustig in dem Sonnenschein
Um die duft´gen Bäume schweben,
Kosten edlen Blütenwein!

Alles horchet, wenn sie summen
In die Sommerwelt hinein,
Ja die Lüfte selbst verstummen,
Lauschen ihren Melodein.

Bei der ersten Morgenhelle
Sind sie munter und bereit,
Sie verlassen ihre Zelle,
Und kein Weg ist je zu weit.

Darum will der Sommer ihnen
Lohnen auch ihr heißes Müh´n,
Lasset für die lieben Bienen
Seine bunten Blumen blühn.

Hoffmann von Fallersleben 1798-1874

Nach dem Regen

Die Vögel zwitschern, die Mücken
Sie tanzen im Sonnenschein,
Tiefgrüne feuchte Reben
Gucken ins Fenster herein.

Die Tauben girren und kosen
Dort auf dem niedern Dach,
Im Garten jagen spielend
Die Buben den Mädeln nach.

Es knistert in den Büschen,
Es zieht durch die helle Luft
Das Klingen fallender Tropfen,
Der Sommerregenduft.

Ada Christen 1839-1901

Der Sommer

Seht ihr den Sommer durch die Lüfte fliegen?
In Gold und Blau - so hab ich mir's gedacht;
Nun ist er wieder auf die Welt gestiegen,
Nun giebt's ein Blühn und Düften Tag und Nacht.

Die Falter wissen sich schon nicht zu lassen
Und taumeln glücklich in ein Meer von Licht,
Und Kinderjubel schallt auf allen Gassen,
Und überall ein Kinderangesicht.

Die kleinen Mädchen klatschen in die Hände
Und krähn vergnüglich in die blüh'nde Welt,
Und in der Stadt sind auch die kahlsten Wände
Vom glüh'nden Glanz des Sonnenscheins erhellt.

Der arme Schuster selbst ließ sein Trauer
Und hämmert lustig auf den alten Schuh,
Und vor der Werkstatt tönt vom Vogelbauer
Des gelben Sängers heller Klang dazu.

In allen Lüften wirbeln Lerchenlieder,
Und Schwalben schietzen durch die goldnen Höhn,
Und aus den Gärten düftet weißer Flieder -
Herrgott im Himmel, ist die Welt doch schön!

Carl Busse  1872 - 1918

Dorfkirche im Sommer

Schläfrig singt der Küster vor,
Schläfrig singt auch die Gemeinde.
Auf der Kanzel der Pastor
Betet still für seine Feinde.

Dann die Predigt, wunderbar,
Eine Predigt ohnegleichen.
Die Baronin weint sogar
Im Gestühl, dem wappenreichen.

Amen, Segen, Türen weit,
Orgelton und letzter Psalter.
Durch die Sommerherrlichkeit
Schwirren Schwalben, flattern Falter.

Detlev von Liliencron  1844-1909

Regen-Sommer

Nasser Staub auf allen Wegen!
Dorn und Distel hängt voll Regen
Und der Bach schreit wie ein Kind!
Nirgends blüht ein Regenbogen,
Ach, die Sonn' ist weggezogen
Und der Himmel taub und blind!

Traurig ruh'n des Waldes Lieder,
Alle Saat liegt siech darnieder,
Frierend schläft der Wachtel Brut.
Jahreshoffnung, fahler Schimmer!
Mit den Menschen steht's noch schlimmer,
Kalt und träge schleicht ihr Blut!

Krankes Weib am Findelsteine
Mit dem Säugling, weine! weine
Trostlos oder hoffnungsvoll:
Nicht im Feld und auf den Bäumen -
In den Herzen muß es keimen,
Wenn es besser werden soll!

Fleh' zu Gott, der ja die Saaten
Und das Menschenherz beraten,
Bete heiß und immerdar,
Daß er, unsre Not zu wenden,
Wolle Licht und Wärme senden
Und ein gutes Menschenjahr!

Gottfried Keller  1819 - 1890

Unser Sommer ist nur ein grün angestrichener Winter,

sogar die Sonne muß bei uns eine Jacke von Flanell tragen,

wenn sie sich nicht erkälten will.

Heinrich Heine  (1797 - 1856)

Der Sommerfaden

Da fliegt, als wir im Felde gehen,
Ein Sommerfaden über Land,
Ein leicht und licht Gespinst der Feen,
Und knüpft von mir zu ihr ein Band.
Ich nehm' ihn für ein günstig Zeichen,
Ein Zeichen, wie die Lieb' es braucht.
O Hoffnungen der Hoffnungsreichen,
Aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!

Ludwig Uhland  1787-1862

Sommernacht

Feierliches Schweigen
Deckt die müde Welt;
Goldne Sterne steigen
Auf am Himmelszelt.

Laue Winde weben
Himmelsträume mild;
Friedensengel schweben
Durch das Nachtgefild.

Über Ährenweiten,
Überm Wiesenrain
Seh` ich glänzend gleiten
Mond- und Sternenschein.

Auf dem regungslosen,
Mondbeglänzten Teich
Prangen Wasserrosen,
Lilienzart und bleich.

Und des Baches Wellen
Schlängeln sich durchs Tal,
Glänzend in dem hellen,
Vollen Mondenstrahl.

Ach, das goldne Schimmern
Dieser Zaubernacht
Macht, daß tief im Innern
Sehnsucht heiß erwacht!

Karl Friedrich Mezger  1880-1911

Hochsommer

Nun glüht der Sommer in der vollsten Pracht,
Sieh, wie auf dieses Rasens dichten Sammet
Durch der Platanen dunkelgrüne nacht
Das warme Gold der Abendsonn flammet!
Und doch, und doch – auf Sommers höchster Höh
Durchschauerts mich wie ein geheimes Weh,
Als sagte schon des Jahres Luft Ade!

Nun glänzt der Blumen farbenreicher Flor,
Die Sonnenblume hebt ihr Haupt im Garten,
In Purpur prangt der Georginen Chor,
Die Malve winkt mit leuchtenden Standarten;
Und doch, und doch – wie Alles glänzt und glüht,
Um Eine trauert innig mein Gemüt,
Die Rose, ach, die Rose hat verblüht!

Nun ist der Wald ein schattenvoll Gemach,
Ein Zauberschloss mit hundert grünen Sälen,
Durch all des Laubwerks dichtgewölbtes Dach
Kann blitzend kaum ein Sonnenstrahl sich stehlen,
Und doch, und doch – in diesen Wipfeln all,
Kein Vogelsang, sein süßer Liederschall,
Verstummt ist längst die holde Nachtigall!

Nun reift im Feld des Kornes goldne Frucht,
Die milde Sonne brütet lauter Segen,
Die Ähre beugt sich von der eignen Wucht
Und harrt der Sicher sommermüd entgegen,
Und doch, und doch – ihr buntgeschmückten Höhn,
Ein Kleines noch, so sollt ihr öde stehn,
Und über Stoppeln wird der Herbstwind gehn!

Nun glänz des Äthers wolkenloses Blau,
Der Himmel ist der Hochgewitter müde,
Die Sonne waltet ruhig ob der Au,
Auf Berg und Tälern träumt ein stiller Friede;
Und doch, und doch – in Pfingstgewitterluft
Schlug frischer mir und freudiger die Brust,
Als unterm Friedenszepter des August.

Sag an, o Herz, was in des Sommers Pracht
Mit stiller Schwermut leise dich umschattet? –
„Dass kaum gedacht, der Lust ein End gemacht,
Im höchsten Schwung der Freude Flug ermattet,
Dass nur ein Traum der Jugend Rosenzeit,
Dass wie ein Gras der Erde Herrlichkeit,
Das füllt im Sommer mir mein Herz mit Leid.“

Karl von Gerok  1850-1819

Verträumt und müde wie ein Schmetterling im September

taumelt der Sommer das Gelände entlang.

Altweiberfäden wirren sich um seine zerrissenen Flügel und die Blumen,

die noch blühen, haben keinen Honig mehr.

Cäsar Otto Hugo Flaischlen  (1864 - 1920)



Und überhaupt, ich hab das Liebesgewerbe anheimgesagt;

ich gehör nicht zu die Männer, die den Alten-Weiber-Sommer

ihrer Gefühle für Jugendglut halten, die glauben,

ihr Herz lebt noch,

weil's manchmal Zuckungen macht

wie ein galvanisierter Froschschenkel,

und 's ist deßtwegen doch schon tot.

Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862)

Spätsommer am Strand

Da weht von Süd ein sanfter Hauch
aus sonnenlichten Tagen;
die goldbelaubten Aeste dehnt
der Ahorn voll Behagen.
Kein Vogelsang, - kein Blütenduft, -
die weiche, warme Sommerluft
säuselt in allen Hagen.

Nun schaun sich schier verwundert an
die schweigenden Zypressen;
es ist, als habe der flüchtige Lenz
sein Lebewohl vergessen
und ginge noch einmal über das Feld,
die blasse, sommermüde Welt
an seine Brust zu pressen.

Durch nackte Zweige schweift der Blick
auf graue Wellenpfade:
die weißen Wasser tummeln sich
am träumenden Gestade;
sie flüstern und raunen wie Liebesgruß,
sie kosen und spielen um deinen Fuß,
leuchten und locken zum Bade.

Clara Müller-Jahnke  1860-1905

Später Sommer

Das ist des Sommers letztes Dankgebet:
Noch ist die Luft erfüllt von schwülen Träumen,
Doch wo der Wald im Mittagsbrande steht,
Will schon ein leises Rot die Wipfel säumen.
Ein Silberwölkchen gleitet über Land
Und taucht beseligt in die Sonnensphäre.

Ernst Goll *1887 †1912

Sonnenblumen

Sonnenblumen schauen über die Gartenmauer,
Wie in goldenen Hauben Gesichter von Frauen.
Sie sehen aus goldgelben Krausen heraus
Hochaufgerichtet wie zur ewigen Dauer;
Wie Riesinen, die Wache bei den Lauben stehen,
Bei den Sommerlauben von hochroten Bohnenblüten,
Drinnen Tisch und Bänke und Gedanken nicht vom Flecke gehen;
Wo die Worte sich hüten, und die Augen viel gestehen und groß aussehen
Wie die großgelben Blumen, die sich nach der Sonne drehen,
Wie die Blumen, die goldene Räder werden an Wagen,
Die mit den Verliebten durch den Sommerhimmel jagen
Und eitel Liebeswünsche tragen.

Max Dauthendey  1867-1918

Heiraten in der Jugend heißt,

sich im Sommer einen Ofen kaufen.

Erst im Winter weiß man, ob er heizt oder raucht.

Jean Paul  (1763 - 1825)

 

 

 

 



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