Weihnachtsgebäck
Weinbeer, Mandeln, Sultaninen,
süße Feigen und Rosinen,
welsche Nüsse - fein geschnitten,
Zitronat auch - muß ich bitten! -

Birnenschnitze doch zumeist
und dazu den Kirschengeist;
wohl geknetet mit der Hand
alles tüchtig durcheinander
und darüber Teig gewoben -
wirklich, das muß ich mir loben!

Solch ein Brotkann's nur im Leben
jedesmal zur Weihnachtgeben!
Eier, Zucker und viel Butter
schaumig rührt die liebe Mutter;
kommt am Schluß das Mehl daran,
fangen wir zu helfen an.

In den Teig so glatt und fein
stechen unsre Formen ein:
Herzen, Vögel, Kleeblatt, Kreise -
braune Plätzchen, gelbe, weiße
sieht man bald - welch ein Vergnügen-
auf dem Blech im Ofenliegen.
Knusprig kommen sie heraus,
duften durch das ganze Haus.

Solchen Duftkann's nur im Leben
jedesmal zur Weihnachtgeben!

Isabella Braun 1815-1886

Rezept für das neue Jahr

Man nehme 12 Monate,

putze sie ganz sauber von Bitterkeit,

Geiz, Pedanterie und Angst,
zerlege jeden Monat in 30 oder 31 Teile,

so dass der Vorrat genau für ein Jahr reicht.
Es wird jeden Tag einzeln angerichtet

aus einem Teil Arbeit

und zwei Teilen Frohsinn und Humor.
Man füge drei gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu,

einen Teelöffel Toleranz,
ein Körnchen Ironie und eine Prise Takt.
Dann wird die Masse reichlich mit Liebe übergossen.
Das fertige Gericht schmücke man mit Sträußchen

kleiner Aufmerksamkeiten
und serviere es täglich mit Heiterkeit

und mit einer Tasse Schokolade.

Catharina Elisabeth von Goethe (1731-1808)

Pfannkuchen und Salat

Von Fruchtomletts, da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.
Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.
Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.
Drei Eier, frisch und ohne Fehl,
Und Milch und einen Löffel Mehl,
Die quirlt sie fleißig durcheinand
Zu einem innigen Verband.
Sodann, wenn Tränen auch ein Übel,
Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel
Mit Öl und Salz zu einer Brühe,
Daß der Salat sie an sich ziehe.
Um diesen ferner herzustellen,
Hat sie Kartoffeln abzupellen.
Da heißt es, fix die Finger brauchen,
Den Mund zu spitzen und zu hauchen,
Denn heiß geschnitten nur allein
Kann der Salat geschmeidig sein.
Hierauf so geht es wieder heiter
Mit unserm Pfannekuchen weiter.
Nachdem das Feuer leicht geschürt,
Die Pfanne sorgsam auspoliert,
Der Würfelspeck hineingeschüttelt,
So daß es lustig brät und brittelt,
Pisch, kommt darüber mit Gezisch
Das ersterwähnte Kunstgemisch
Nun zeigt besonders und apart
Sich Lieschens Geistesgegenwart,
Denn nur zu bald, wie allbekannt,
Ist solch ein Kuchen angebrannt.
Sie prickelt ihn, sie stockert ihn,
Sie rüttelt, schüttelt, lockert ihn
Und lüftet ihn, bis augenscheinlich
Die Unterseite eben bräunlich,
Die, umgekehrt, geschickt und prompt
Jetzt ihrerseits nach oben kommt.
Geduld, es währt nur noch ein bissel,
Dann liegt der Kuchen auf der Schüssel.
Doch späterhin die Einverleibung,
Wie die zu Mund und Herzen spricht,
Das spottet jeglicher Beschreibung,
Und darum endet das Gedicht.

Wilhelm Busch 1832-1908

Zum Salat mischen braucht man vier Personen:

Einen Verschwender, der das Öl gießt,

den Geizhals für den Essig, den Weisen zum Salzen

und einen Narren zum Vermengen der vier Elemente

aus Frankreich

"Weisserübensuppe"

„Rindfleisch schlage, stampfe, klopfe,
Brüh es ab im irdnen Topfe,
Spargelschnitzel, Portulacke
Nimm aus sauberm Sommersacke,

Morcheln, eine ganze Sippe,
Ziehe von der Fensterstrippe,
Petersilie, Kohl vom Wirsich,
Sellerie (den ‚Bowlenpfirsich’),

Gelbe Möhren, große, runde,
Laß sie kochen eine Stunde,
Laß sie kochen, bis die Trübe
Klar sich schäumt, dann Rübe, Rübe,
Weiße Rübe schnell hinein,
Und so wird's gelungen sein.«

Theodor Fontane 1819-1898

Der Hering ist ein salzig Tier

Der Hering ist ein salzig Tier.
Er kommt an vielen Orten für.
Wer Kopf und Schwanz kriegt, hat kein Glück.
Am besten ist das Mittelstück
Es gibt auch eine saure Art;
in Essig wird sie aufbewahrt.
Geräuchert ist er alle Zeit
ein Tier von großer Höflichkeit.
Wer niemals einen Hering aß,
wer nie durch ihn von Qual genas,
wenn er mit Höllenpein erwacht,
der kennt nicht seine Zaubermacht!
Drum preiset ihn zu jeder Zeit,
der sich der Menschheit Wohl geweiht,
der heilet, was uns elend macht,
dem Hering sei ein Hoch gebracht.

Heinrich Seidel 1842-1906



Punschlied

Vier Elemente,
innig gesellt,
bilden das Leben,
bauen die Welt.

Preßt der Zitrone
saftigen Stern,
herb ist des Lebens
innerster Kern.

Jetzt mit des Zuckers
linderndem Saft
zähmet die herbe
brennende Kraft.

Gießet des Wassers
sprudelnden Schwall,
Wasser umfänget
ruhig das All.

Tropfen des Geistes
gießet hinein,
Leben dem Leben
gibt er allein.

Es es verdüftet,
schöpfet es schnell.
Nur wenn er glühet,
labet der Quell.

Friedrich Schiller 1759-1805

Gesellschaftsregeln

 Bist du um sieben Uhr geladen,
So geh nicht etwa erst um neun.
Sieh: Pünktlichkeit kann keinem schaden,
Und’s erste Stück kann’s beste sein!

 Gut ist’s, der Hausfrau was zu schenken:
Ein Strauß, ein kleiner, freut sie sehr.
Ein großer – mußt du stets bedenken –
Geniert sie leicht und kostet mehr!

 Sei mäßig, aber nie dich ziere!
Solch Zögern schafft der Hausfrau Pein.
Beim ersten Gang nimm gleich für viere:
Bedenk, es kann der letzte sein!

 Der Weine Reinheit anzufechten
Erlaub dir nicht in fremdem Haus:
Lob alle und zumal die schlechten
Und trink die guten Sorten aus.

 Die Damen gut zu unterhalten
Sei dein beständiges Bemühn:
Gelingt dir’s nicht mit einer alten,
Ist eine junge vorzuziehn.

 Auch Gutes läßt sich übertreiben.
Wenn’s auch den Wirt freut, merke ja:
Such niemals allzulang zu bleiben –
Besonders, wenn kein Wein mehr da!

 Vergiß das Trinken nicht beim Essen –
Es reut dich andern Tags, mein Sohn,
Hast du das Trinkgeld mal vergessen,
Der Schmerz erträgt sich leichter schon.

 Fühlst du vorm Redenhalten Schrecken –
Kling dennoch, rat ich dir, ans Glas:
Im schlimmsten Falle bleibst du stecken –
Das macht oft mehr als Reden Spaß.

 Oft tritt ne Stille ein, ne große,
Das sei zu ändern klug bestrebt:
Schnell ein Kompott auf Nachbars Hose –
Du sollst mal sehn, wie das belebt!

Bei Tisch den Hausherrn anzupumpen,
Dies, lieber Sohn, ist niemals »fair«.
Ein feiner Mann läßt sich nicht lumpen,
Ißt ruhig erst und pumpt nachher.

 Wärst du auch mitten im Genießen
Und siehst: der Kaffee wird gebracht,
Ist das ein Zeichen, man will schließen –
Dann schnell dich über’n Sekt gemacht!

 Beim Sekt begnüge dich zu naschen,
Willst du den Hausherrn recht erfreun.
Du trinkst schon viel, trinkst du zwei Flaschen;
Wer mehr trinkt – nehme Natron ein.

 Den Nächsten – auch bei Tafel – lieben,
Ist, wie wir wissen, Christenpflicht.
Die Pflicht kann höchstens übertrieben –
Erlassen werden kann sie nicht.

Ward dir zur Nachbarin ne Tante,
So lausch voll Ehrfurcht, wenn sie spricht.
Wie anders bei nem Leutenante –
Da braucht es der Empfindung nicht.

Damit sie ihre Gunst dir schenken,
Sprich mit den Nachbarinnen viel.
Wer lieber schweigt, der mag bedenken:
Auch Händedrücken bringt ans Ziel.

 Ist leer dein Glas, dann ohn Bedenken
Schenk wieder ein dir auf der Stell.
Scheint dir’s nicht fein, schnell einzuschenken –
Schenk langsam ein und trinke schnell.

 Schwer ist’s, bei Tafel gut zu plaudern,
Gut zuzuhören, ist’s noch mehr.
Wirf dich aufs letztre ohne Zaudern –
Es fördert auch beim Essen sehr.

Blieb nur ein Rest von einer Speise
Und schmeckte sie dir noch so gut –
So bitt nicht drum törichterweise:
Gleich nehmen – eh’s ein andrer tut.

 Will sich dein Nachbar mit dir streiten
Bei Tisch – so setz’ dich nicht zur Wehr
Verdopple deine Höflichkeit:
’s ist christlicher und ärgert mehr.

 Kannst du als Redner nicht genügen,
Sprich dennoch, rat ich dir. Probier’s!
Kommst du zurecht – hast du’s Vergnügen.
Und bleibst du stecken – haben wir’s.

 Verbindlich zeig beim Präsentieren
Dem Nachbar stets das beste Stück:
Selbst höflich, wird er sich genieren,
Und du bekommst das Stück zurück!

 Ein Unfall darf dich nicht erbosen –
Kaltblütigkeit ist Goldes wert.
Hast du den Rotwein umgestoßen:
Gleich Salz darauf! – (Und umgekehrt!)

 Reichst du die Sauce, dann vor allen
Acht auf der Damen Kleider sehr.
Sieh: läßt du mal die Schüssel fallen –
Gibt es oft keine Sauce mehr.

 Rauchst du, laß nicht an jedem Orte
Der Lust am Rauchen freien Lauf.
Steht wo z. B. eine Torte,
Empfiehlt sich’s: du ißt die erst auf.

Georg Bötticher  1849-1918

Rezept

Man mische 7 Pfund Palmin

Mit gleichviel Milch und Terpentin.

Dann füge man ein Hühnerei

Und etwas Öl nebst Essig bei.

Dies nun zu festem Brei gerührt,

Wird dann in einen Strumpf geschnürt.

Das Ganze läßt man 13 Wochen

In lauem Seifenwasser kochen.

   Dann wird es mit Gelee garniert

 Und im verdeckten Topf serviert.

(Doch halte man zu rechter Zeit

Ein offnes Töpfchen sich bereit.)

Joachim Ringelnatz 1883-1934

Recept zur Stärkungschokolade

Der Provisor mengt geschwinde
Euch zwo Theilchen Teufelsmist,
Und ein Theilchen Chinarinde,
Fein wie dies Gemengsel ist,
Hier im Pülverchen zu schauen;
Rühmenswerth ist seine Kraft,
Weils den Männern und den Frauen
Wieder junge Kräfte schafft.
In ein Schälchen Chokolade
Nehmt Ihr einer Erbse groß,
Daß es dem Geschmack nicht schade.
Delicat und tadelloß
Schmeckt Euch diese Chokolade,
Stärkt Euch Nerven und Gebein,
Wenn Ihr schon am Styxgestade
Schatten wähnt zu sein.

Anna Louisa Karsch (1722-1791)



Abschiedsworte an Pellka

Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde,
Du Ungleichrunde,
Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
Du Vielgequälte,
Du Gipfel meines Entzückens.
Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens
Mit der Gabel! -- Sei stark!
Ich will auch Butter und Salz und Quark
Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen.
Musst nicht so ängstlich dampfen.
Ich möchte dich doch noch einmal erfreun.
Soll ich Schnittlauch über dich streun?
Oder ist dir nach Hering zumut?
Du bist so ein rührend junges Blut. --
Deshalb schmeckst du besonders gut.
Wenn das auch egoistisch klingt,
So tröste dich damit, du wundervolle
Pellka, dass du eine Edelknolle
Warst, und dass dich ein Kenner verschlingt.

Ringelnatz, Joachim (1883-1934)

 

 

 

 

 

 



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