Ein Bürger spricht
Am Sonntag geh ich gerne ins Café.
Ich treffe viele meinesgleichen,
Die sich verträumt die neuste Anekdote reichen -
Und manche Frau im Négligé.
Sie sitzt zwar meist bei einem eleganten
Betrübten Herrn -
Ich sitz bei meinen Anverwandten
Und streichle sie von fern.
Ich streichle ihre hold entzäumten Glieder
Und fühle ihr ein wenig auf den Zahn.
Der Ober lächelt freundlich auf mich nieder.
Ein junger Künstler pumpt mich an.
Bei dem mir angetrauten Fleisch lieg ich dann nachts im Bette
Und denke an mein Portemonnaie.
Wenn ich ihm doch die fünf Mark nicht geliehen hätte!
O süsse Frau im Neglige!
Klabund 1890 - 1928
Sonntagmorgen
Horch! die Erde singt! ...
Sonntag ist heut.
Ueber Feldern klingt
Glockengeläut.
Rauschend stimmen ein
Wipfel und Quell;
Flußschilf auch summt ein
Ritornell.
Erde, Mutter du,
deinem Gesang
hör ich selig zu,
selig und bang.
Mich als Kind gewiegt
hast du dereinst;
und an dich geschmiegt
schlummre ich einst!...
Fällt mein Auge zu,
tönt einst Geläut,
singe mich zur Ruh,
Mutter, wie heut!
Eduard Stucken 1865-1936
Kammermusik
Der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt und der Richter,
Es sind immer wieder dieselben Gesichter;
So eine Kleinstadt, es ist ein Graus,
Gott gebe, ich wäre schon wieder heraus.
Aber am Sonntag lädt der Herr Richter
"Auf einen Löffel Suppe den Großstadtdichter",
Der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt, die drei
Sind natürlich auch dabei.
Das Essen ist gut, da ist nichts zu sagen,
Ihr Minister des Innern ist eben der Magen,
Und der Wein nicht übel; nun ja, man spürt,
"Man" hat eben in der Hauptstadt studiert.
Dann spricht man und raucht; es geschieht auch zuweilen,
Daß Minuten ohne Gespräch enteilen.
Dann spricht man wieder und dann, auf Ehr,
Bringt die Hausfrau Notenständer her.
Und dann, da ich seufze: "Es ist nicht zu ändern!"
Sitzen die Alten schon vor ihren Ständern,
Ein jeder den Fidelbogen nimmt,
Zwei Geigen, Viola und Cello. "Es stimmt".
Und sie spielen. Beethoven. Erst etwas befangen;
Dann steigen Flämmlein in ihre Wangen,
Und herrlich durch das Zimmer ziehn
Die unendlichen, mächtigen Melodien.
Ich sitze und lausche, aufs Tiefste erschüttert;
Mein Herz wird mild und die Seele erzittert.
Der Flügelschlag der Kunst durchrauscht
Die Luft, der fromm die Seele lauscht.
Mir wird, versunken im Anblick der Alten,
Als müßt' zum Gebet ich die Hände falten:
O Himmel, im Alter bewahre auch mir
Die Freude am Schönen, wie diesen hier!
Hugo Salus (1866 - 1929)
Sonntags am Rhein
Des Sonntags in der Morgenstund',
Wie wandert's sich so schön
Am Rhein, wenn rings in weiter Rund'
Die Morgenglocken gehn.
Ein Schifflein zieht auf blauer Fluth,
Da singt's und jubelt's drein;
Du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
In all die Lust hinein?
Vom Dorfe hallet Orgelton,
Es tönt ein frommes Lied,
Andächtig dort die Procession
Aus der Kapelle zieht.
Und ernst in all die Herrlichkeit
Die e Burg herniederschaut,
Und spricht von alter, starker Zeit,
Die auf dem Fels gebaut.
Das Alles beut der prächt'ge Rhein
An seinem Rebenstrand,
Und spiegelt recht in hellem Schein
Das ganze Vaterland,
Das fromme, treue Vaterland
In seiner vollen Pracht,
Mit Lust und Liedern allerhand
Vom lieben Gott bedacht.
Robert Reinick 1805-1852
Sonntag ist's, in allen Wipfeln
rauschet es der dunkle Wald,
alle Bäche leise fließen,
alle Vögel wonnig grüßen
und von fern die Glocke hallt.
Sonntag ist's, am Zaun das Veilchen
betet still im Gras für sich,
Rose hebt die süßen Augen
und die roten Lippen hauchen
ein Gebet demütiglich.
Sonntag ist's, ein heilger Frieden
liegt auf Erden weit, so weit,
Sonntag ist's in allen Herzen.
Sonntag ist's für alle Schmerzen,
heilger Sonntag weit und breit.
Volkslied
Fern blau Gebirge duftig hingezogen,
Die Sonne scheint, die Bäume sanft sich rühren,
Und Glockenklang kommt auf den linden Wogen;
Hoch in den Lüften Lerchen jubilieren,
Und, so weit klar sich wölbt des Himmels Bogen,
Von Arbeit ruht der Mensch rings in die Runde,
Atmet zum Herren auf aus Herzensgrunde.
Joseph Freiherr von Eichendorff 1788-1857
Sonntag
Sonntag, Sonntag! horch, der Glocken
Lieblich lockernder Ton erschallt!
Wie sie dich zur Kirche locken,
Locken sie mich zum grünen Wald,
Wie verschieden die Wege scheinen,
Einem Ziel doch streben sie zu;
Denn den Ewigen, Einzig-Einen
Suchen wir beide, ich und du.
Gar verschiedene Wege sind es,
Doch sie führen zu einem Ziel:
Mir erscheint es im Säuseln des Windes,
Dir im wogenden Orgelspiel.
Adolf Schults 1820-1858
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