Abend am Meer

Tief im Schlummer Land und Meer,
Ohne Sturmgelüste -
Blinkend grüßt der Leuchtturm her
Von der schwedischen Küste.

Weiße Segel, Möwen gleich,
Die die Schwingen breiten,
Lautlos durch das Wunderreich
Dieses Schweigens gleiten.

Schwankend Lichtchen hoch am Mast
Weist den Weg, den feuchten;
Menschenfracht und Güterlast
Ruhn in seinem Leuchten.

Frei von Sorge, Qual und Neid,
Späht mein Blick hinüber.
Wie viel Glück und wie viel Leid
Gleitet da vorüber!

Wie viel banges Hoffen mag
Sanft die Segel blähen:
Wird der Sturm am jungen Tag
Diese Masten mähen?

Wie viel Seelen fremder Art
Still ins Schicksal wallen ...
Sanftes Meer und gute Fahrt
Wünsch' ich allen - allen!

Rudolf Presber  1868 - 1935

Das Meer

So hab ich das Meer gern:
weit offen, spiegelhell zum Horizont,

in hängende Wolken sich verrinnend ..
die Sonne hinter feinen leisen Schleiern und Luft

und See in blaßblau-lichtem Schein und Schiller ..
schwermütig ernst und lachend heiter,
zutraulich lieb und unnahbar,
in unbekümmert freier Größe und nie

entweihter Ewigkeit .. lautlos .. in unlothbaren Tiefen

die Wunder hütend seiner Gotteskraft ..
und Strand entlang mit frohen Wellen spielend,
schwermütig ernst und lachend heiter,
den Menschenkindern, die da stehen, das kleine

Herz voll großer Sehnsucht, bunte Köstlichkeitenvor die Füße tragend

So .. sei! So .. schaffe!

1864 - 1920 CäsarFlaschlen

Am Strande

Auf hochgestapelte Ballen blickt
Der Kaufherr mit Ergötzen;
Ein armer ​Fischer daneben flickt
Betrübt an zerrissenen Netzen.

Manch rüstig stolzbewimpelt Schiff!
Manch morsches Wrack im Sande!
Der Hafen hier, und dort das Riff,
Jetzt Fluth, jetzt Ebb’ am Strande.

Hier Sonnenblick, Sturmwolken dort;
Hier Schweigen, dorten Lieder,
Und  Heimkehr hier, dort Abschiedswort;
Die ​Segel  auf und nieder!

Zwei Jungfrauen sitzen am Meeresstrand;
Die eine weint in die Fluthen,
Die andre mit dem ​Kranz in der Hand
Wirft ​Rosen in die Fluthen.

Die eine, trüber Wehmuth Bild,
Stöhnt mit geheimem Beben:
»O Meer, o Meer, so trüb und wild,
Wie gleichst du so ganz dem Leben!

Die andre, lichter ​Freunde Bild,
Kos’t selig lächelnd daneben:
»O Meer, o Meer, so licht und mild,
Wie gleichst du so ganz dem Leben!«

Fortbraust das Meer und überklingt
Das Stöhnen wie das Kosen;
Fortwogt das Meer, und, ach, verschlingt
Die Thränen wie die Rosen.

Anastasius Grün 1806-1876

Meeresleuchten

Es hat das Meer in blauem Glanz
Die ganze Nacht geleuchtet,
Bis dann des Frühthau's Tropfenkranz
Das dürre Gras gefeuchtet.

Es sind in stummer, geisternder Schaar
Ueber die schimmernden Wogen
Im Muschelwagen, das Schilf im Haar,
Die alten Götter gezogen...

Und sie irrten dahin im Wellentanz,
Bis der Frühthau die Erde gefeuchtet -
Es hat das Meer in blauem Glanz
Die ganze Nacht geleuchtet...

Carl Busse 1872 - 1918

Die Glocke im Meer

Ein Fischer hatte zwei kluge Jungen,
hat ihnen oft ein Lied vorgesungen:
Es treibt eine Wunderglocke im Meer,
es freut ein gläubig Herze sehr,
das Glockenspiel zu hören.

Der eine sprach zu dem andern Sohn:
Der alte Mann verkindet schon.
Was singt er das dumme Lied immerfort;
ich hab manchen Sturm gehört an Bord,
noch nie eine Wunderglocke.

Der andre sprach: Wir sind noch jung,
er singt aus tiefer Erinnerung.
Ich glaube, man muß viel Fahrten bestehn,
um dem großen Meer auf den Grund zu sehn;
dann hört man es auch wohl läuten.

Und als der Vater gestorben war,
fuhren sie weg mit braunblondem Haar.
Und als sie sich grauhaarig wiedertrafen,
dachten sie eines Abends im Hafen
an die Wunderglocke.

Der eine sprach, verdrossen und alt:
Ich kenne das Meer und seine Gewalt.
Ich hab mich zuschanden auf ihm geplagt,
hab auch manchen Gewinn erjagt;
läuten hört ich es niemals.

Der andre sprach und lächelte jung:
Ich gewann mir nichts als Erinnerung;
es treibt eine Wunderglocke im Meer,
es freut ein gläubig Herze sehr,
das Glockenspiel zu hören.

Richard Dehmel, (1863 - 1920)

Die singende Muschel

Als Kind sang eine Muschel
mir das Meer.
Ich konnte träumelang
an ihrem kühlen Munde lauschen.
Und meine Sehnsucht wuchs
und blühte schwer,
und stellte Wünsche und Gestalten
in das ferne Rauschen.

Franciska Stoecklin 1894 - 1931

Meeresleuchten

Aus des Meeres dunklen Tiefen
Stieg die Venus still empor,
Als die Nachtigallen riefen
In dem Hain, den sie erkor.

Und zum Spiegel, voll Verlangen,
Glätteten die Wogen sich,
Um ihr Bild noch aufzufangen,
Da sie selbst auf ewig wich.

Lächelnd gönnte sie dem feuchten
Element den letzten Blick,
Davon blieb dem Meer sein Leuchten
Bis auf diesen Tag zurück.

​Hebbel Friedrich 1813-1863

Stille weht in das Haus,
Fühlst du den Atem des Mondes,
Löse dein Haar,
Lege dein Haupt in den Blauschein hinaus.
Hörst du, das Meer unten am Strand
Wirft dir Schätze ans Land;
Sonst wuchsen im Mond Wünsche, ein Heer,
Seit ich dein Auge gesehn, ist die Mondnacht wunschleer.

Max Dauthendy  1867 - 1918

Max Dauthendey (1867-1918)

Wir gehen am Meer im tiefen Sand,
Die Schritte schwer und Hand in Hand.
Das Meer geht ungeheuer mit,
Wir werden kleiner mit jedem Schritt.
Wir werden endlich winzig klein
Und treten in eine Muschel ein.
Hier wollen wir tief wie Perlen ruhn,
Und werden stets schöner wie Perlen tun.

Max Dauthendey 1867 - 1918


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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